Task Area 5: Data Culture
Konkretisierung und Propagierung von FAIR
Frage 1: Wie steht es um die Konkretisierung und Propagierung der FAIR-Prinzipien? Wird das als Aufgabe von NFDI4Memory gesehen? Zur Erläuterung: Konkretisierung heißt, das sie in Bezug auf den Umgang mit Daten in den historischen Wissenschaft näher beschrieben werden sollten, wie das in anderen Fachbereichen schon geschehen – vielleicht auch schon bei den Historikern? Propagierung heißt, dass für ihre Akzeptanz geworben werden müsste, die unter Historikern noch durchgängig nicht gegeben zu sein scheint.
Frage 2: Ich fände es gut, wenn NFDI4Memory, sich etwas deutlicher zu den FAIR-Prinzipien und das heißt insbesondere auch da, wo es rechtlich möglich ist, zu Open Access bekennen würde, z.B. indem die Übernahme und Aufbewahrung von Daten im Rahmen von NFDI4Memory davon abhängig gemacht wird, dass die Daten entsprechend der FAIR-Prinzipien angeboten werden können. Die Konkretisierung der FAIR-Prinzipien für den historischen Bereich und die Definition von Forschungsdaten ist natürlich eher eine Aufgabe, die die Wissenschaftler bzw. Fachverbände leisten müssten. Man könnte sich an die entsprechenden Papiere relativ stärker datengetriebener Humanwissenschaften wie Soziologie oder Psychologie zum Ausgangspunkt nehmen.
Antwort: Die Umsetzung der FAIR-Prinzipien im Bereich der historisch arbeitenden Fächer zu ermöglichen, ist eines der zentralen Anliegen des Konsortiums. Auch historische Daten sollten auffindbar (Findable), zugänglich (Accessible), interoperabel (Interoperable) und wiederverwendbar (Re-usable) sein und diese Prinzipien unsere gemeinsame Datenkultur wesentlich mit prägen. Dazu ist es, wie Sie richtig sagen, zunächst notwendig, diese Prinzipien für die historisch arbeitenden Fächer konkret auszudefinieren und Möglichkeiten für deren praktische Umsetzung zu schaffen. In TA 1 Data Quality soll eine Konkretisierung, wie Sie sie beschreiben, geleistet werden. Diese Aufgabe kann jedoch nur aus der Community – Forschende und Verbände – heraus erfolgen. 4Memory soll hierfür den Rahmen für den Austausch und die konkrete Ausführung bieten.mmm Die Aufgabe der Task Area Data Culture ist es, diese Prinzipien und die damit verbundenen Möglichkeiten in die Community hinein zu vermitteln und sie zu wesentlichen Bestandteilen einer sich herausbildenden Datenkultur zu machen. Dies ist nicht einfach. Hier brauchen wir neue Ansätze. Wollen wir die Grundsätze der FAIR-Prinzipien tatsächlich auch langfristig in der historische Fachkultur verankern, müssen wir erst einmal für ein Verständnis dafür sorgen, was Forschungsdaten in den historisch arbeitenden Fächern überhaupt sind und welchen konkreten Mehrwert sie für die zukünftig Forschung besitzen. Erst auf dieser Grundlage kann man auch einen breiteren Diskurs um die Bedeutung der FAIR-Prinzipien führen und dafür werben. Man muss also, wenn man so will, den Bedarf an der Umsetzung der FAIR-Prinzipien in der Community selbst wecken und entwickeln, statt sie nur von außen heranzutragen. Das wird ein relativ weiter und schwieriger, aber auch ein sehr lohnender und spannender Weg.
Akzeptanz von Datenpublikationen
Frage: Welche Bestrebungen verfolgt NFDI4Memory, um die Akzeptanz von Forschungsdaten als eigenständige Publikationsleistung innerhalb der historisch arbeitenden Wissenschaften zu erhöhen (z.B. Auszeichnungen, Rezensionen, Data Paper, Anpassung von Förderkriterien, Anpassung von Prüfungs- bzw. Promotionsordnungen)?
Antwort: Grundlage dafür ist es, ein generelles Bewusstsein für die Bedeutung der Forschungsdaten zu schaffen. Es geht also um einen allgemeinen Kulturwandel vor dem Hintergrund der durch die Digitalisierung hervorgerufenen Veränderungen in unseren Fächern. Zugleich muss man aber gemeinsam darüber nachdenken, welche konkreten Maßnahmen man ergreifen kann, um diese Anerkennung zu fördern und neben einer allgemeinen Akzeptanz auch ein konkretes Anreizsystem zu schaffen. Neben den in der Frage bereits genannten Punkten kann man sich auch die Initiierung von Auszeichnungen wie z.B. eines „Best-Data-Awards“, die Vergabe von Daten-Stipendien und die Diskussion über neue Daten-Publikationsformen vorstellen. Ganz wesentlich bei alledem ist auch der Ausbau des Review- und Rezensionswesens, das dann auch die inhaltliche wie formale Qualität der publizierten Daten in den Blick nimmt und hier für Standards und Austausch sorgt. Über weitere Ideen und Rückmeldungen würden wir uns natürlich sehr freuen.
Konkrete Integration der Bürgerwissenschaften
Frage: Der Verein für Computergenealogie wurde von Torsten Hiltmann zu dem Treffen eingeladen. Mir stellt sich die Frage, ob und wie auch Organisationen der Bürgerwissenschaften an 4Memory mitarbeiten könnten.
Antwort: Für die Bürgerwissenschaften und gerade für den Verein für Computergenealogie bieten sich in der 4Memory gleich mehrere Anknüpfungspunkte. Einerseits natürlich im Bereich Data Connctivity,mit den vom produzierten Normdaten und Ontologien. Zudem würden wir die Bürgerwissenschaften sehr gern auch in den allgemeinen Diskussionsprozess um das zukünftige historische Arbeiten integrieren. Uns ist wichtig, dass hier möglichst die gesamte inhaltliche, institutionelle und gesellschaftliche Breite der historischen Geisteswissenschaften beteiligt ist. Zugleich kann man aber auch über besondere Angebote und Foren nachdenken, welche das Konzept und die Bedeutung der Forschungsdaten und deren Qualität näher vorstellen, sowie natürlich auch über Unterstützung bei der Ausbildung der notwendigen Kompetenzen im Umgang mit Forschungsdaten (TA 4 Data Literacy), welche die wesentliche Grundlage für eine zukünftige Arbeit in einem digitalen Umfeld und mit Forschungsdaten bilden.
Antwort: Ich sehe den Beitrag gerade des Vereins für Computergenealogie darin, Data Literacy auch als Kernkompetenz von Genealogen, Ortshistoriker*innen oder Familienhistoriker*innen etc. zu fördern und darüber auch einen Beitrag zur Entwicklung der Data Culture in den historisch arbeitenden Fächern zu leisten. Bürgerwissenschaftler, die nicht ganz so datenaffin arbeiten wie die Mitglieder des Vereins für Computergenealogie aber durch ihre Tätigkeit (z.B. Transkription) die Grundlagen für die in einem nächsten Schritt erfolgende Datenanreicherung von historischen Quellen legen, sollen auf jeden Fall auch mit angesprochen werden.
Vermittlung von Data Culture
Frage: Die angestrebte „Data Culture“ müsste dann ja mit einschlägigen Maßnahmen zur Dissemination auf breiter Ebene kommuniziert werden. Gibt es dazu schon Ideen bzw. Konzepte?
Antwort: Ideen haben wir schon viele, würden diese aber gern im Austausch mit der Community konkretisieren und sind hier für weitere Vorschläge und Ideen sehr offen. Wichtig für uns ist, dabei möglichst praxisnah am konkreten Beispiel zu kommunizieren. Dies könnte in einer Reihe verschiedener Veranstaltungen wie Road-Shows, Diskussionsrunden und Workshops geschehen, aber auch durch Videos, Webpräsentationen oder auch im Rahmen von Hackathons und konkreter
Praxislabore. Dabei geht es uns bei der „Data Culture“ nicht nur um eine besondere Kultur im Umgang mit Daten, sondern auch, viel breiter gefasst, um die Ermöglichung eine stärker auch auf Daten beruhenden Fachkultur. Denn letztlich kann sich eine neue Kultur im Umgang mit Daten erst in einer sich entsprechend wandelnden Fachkultur entwickeln, welche sich der Rolle der Forschungsdaten für die weitere Entwicklung des Faches bewusst ist und auch die datengetriebene Forschung in sich integriert. Ohne dem würde es schwierig, eine auf Offenheit und Austausch basierende Kultur im Umgang mit den Daten zu etablieren und im Fach zu verankern. Dies bedarf jedoch eines längeren Prozesses, der die gesamten Community, die digitale wie analoge anspricht und mit einbezieht. Eine unserer zentralen Aufgaben wird es sein, diesen Prozess anzustoßen und zu begleiten und vor allem, ihm eine gemeinsame Plattform zu bieten.
Dezentrale Dissemination und Einbindung lokaler Angebote
Frage: Fragen zu zentrale vs dezentrale Ansätzen: welche Maßnahmen sind geplant, damit die Standards/Strukturen in die Breite und Tiefe wahrgenommen und auch angenommen werden? Gibt es Ideen zur Einbindung von lokalen FDM-Beratungsstellen?
Antwort: Das ist noch im Konzeptionsprozess und ein sehr wichtiger Punkt. Zentral ist, dass wir eine gute Kommunikation sicherstellen und die Daten, Dienste und Kompetenzen des Konsortiums für alle Beteiligten gut sichtbar und zugänglich machen. In der TA Data Culture arbeiten wir dafür gerade an möglichen Konzepten. Hier wollen wir uns um den Aspekt der Kommunikation in die Community und zwischen Community und Konsortium kümmern. Wichtig ist sicherzustellen, dass die verschiedenen dezentralen Strukturen, Dienste und Kompetenzen zentral sichtbar gemacht werden und damit auch auffindbar und zugänglich sind. Dabei geht es aber m.E. nicht darum, eine einzige zentrale Plattform zu schaffen sondern an den jeweiligen Quellen Schnittstellen zu etablieren, über die man die Daten, Informationen, Dienste und Kompetenzen erreichen und abfragen und damit letztlich auch zentral präsentieren kann. Diese Frage ist für die Ausgestaltung einer gemeinsamen Datenkultur zentral wichtig.
Wo wird über nachgedacht?
Frage: Die Task Areas haben ja rasante neu-deutsche Titel, aber mir erschließt sich noch nicht, was genau wo stattfinden soll. Bspw.: In welcher Task Area wird darüber nachgedacht, welche Daten wir managen wollen? Wo wird die hermeneutische Arbeit stattfinden? Wo genau zeigen wir uns als „Geisteswissenschaftler*innen“ (in Abgrenzung zu anderen Wissenschaftler*innen in den Bereichen Natur, Soziales und Kultur)? Kurzum: Wo wird nachgedacht?
Antwort: Nachgedacht werden soll gemeinsam, in einem gemeinsam gestalteten Prozess. Letztlich sind ja alle Task Areas eng miteinander vernetzt. Fragen wie die nach den konkreten Daten und dem Datenmanagement werden daher über die verschiedenen Task Areas hinweg gemeinsam verhandelt. Entsprechend sollte auch in der gesamten Breite deutlich werden, dass es sich hier um ein genuin geisteswissenschaftliches Konsortium handelt, das gerade die besonderen Anforderungen nicht nur der Geisteswissenschaften allgemein sondern ganz
spezifisch der historisch arbeitenden Geisteswissenschaften an die Gestaltung, Bereitstellung und Pflege der an ihre Fachinteressen gebundenen Forschungsdaten formuliert. Die einzelnen Task Areas kümmern sich dabei um einzelne Aspekte dieses Prozesses. Wenn Sie jedoch genauer danach fragen, wo die hermeneutische Arbeit stattfindet, kann ich gern auf unsere Task Area „Datenkultur“ verweisen, in deren Rahmen es um die Verankerung der Forschungsdaten in den Fachkulturen geht. Um dies zu bewerkstelligen, braucht es zunächst eines gemeinsamen Verständnisses der durch die Digitalisierung und Datafizierung hervorgerufenen Veränderungen in unseren Fächern und ihren Arbeitsweisen. Dies betrifft natürlich ganz besonders auch die Frage der epistemologischen Konsequenzen einer stärker datengetriebenen Forschung. Nur, wenn wir diese Veränderungen verstehen, können wir auch einen adäquaten Umgang mit den Forschungsdaten in unsere Fächer ausbilden und eine entsprechende Datenkultur entwickeln. Letztlich geht es ja darum, die historisch arbeitenden Geisteswissenschaften als Gemeinschaft selbst sprechfähig zu machen und sie dazu zu befähigen, ihre Anforderungen an die gemeinsam betriebene Infrastruktur zu formulieren. Dies setzt jedoch ein tiefere, auch fachliche Auseinandersetzung mit den damit einhergehenden Veränderungen voraus, für die wir gern die notwendige Plattform bieten möchten. Vorschläge und Anregungen hierzu sind jederzeit willkommen.
Digitale Quellenkritik in Lehre und Praxis
Frage: Zielt diese Task Area eigentlich auch auf die Entwicklung von Lehrformaten zur digitalen Quellenkritik (im Sinne einer Kritik der digitalen Quelle)?
Antwort: Natürlich steht die Entwicklung solcher Lehrformate auf der Tagesordnung. Ob sie zwingend innerhalb der TA Data Culture entwickelt werden muss, steht für auf einem anderen Blatt. In der Lehre werden wir an dieser Frage nicht vorbeikommen.
In der Task Areas 5 „Data Culture” geht es vor allem um die Fachkultur insgesamt. Dabei arbeiten wir sehr eng mit der TA4 Data literacy zusammen, da man nur durch Vermittlung der notwendigen Kompetenzen auch eine entsprechende Datenkultur etablieren kann.
Die digitale Quellenkritik sehen wir dabei aber als einen sehr wichtigen Bestandteil einer digitalen Fachkultur an. Dazu brauchen wir eine Weiterentwicklung unserer Standards und Verfahrensweisen in der Quellenkritik, wie allgemein in der Datenkritik, aber auch bessere und mehr Angebote zur Bewertung von digitalen Quellen – wir müssen unsere Rezensionsformate weiterentwickeln und Rezensionsplattformen wie H-Soz-Kult (wo ja bereits Rezensionen digitaler Formate verschiedener Art veröffentlicht werden) erweitern wie auch die Kriterien für die Bewertung.
Frage: Bei der Frage nach der digitalen Quellenkritik geht es auch um den möglichen Beitrag von Bibliotheken. Ist für die Einschätzung des Quellenwerts einer digitalen Quelle nicht das Wissen um ihren technischen Entstehungsprozess konstitutiv (z.B. Bedeutung von OCR-Qualität für TDM bzw. materialen Informationsverlust bei der Analog-Digital-Wandlung)?
Antwort: Dieses Wissen gehört definitiv zu einer digitalen Quellenkritik, ebenso wie die Geschichte der digitalen Publikation. Gerade in der Zeitgeschichte werden wir einerseits weiterhin die etablierten vertrauenswürdigen Institutionen (wie Bibliotheken) als Anbieter treffen, andererseits aber auch zahlreiche Quellen und Forschungsdaten aller Art, die jenseits der üblichen (Gedächtnis- und Forschungs-)Institutionen entstehen. Dies zu begleiten (für Forschung und Lehre), wird im gesamten 4memory Konsortium sicherlich eine wichtige Rolle spielen, auch in der TA Data Culture.
Bedeutung der Beispiele in der Kommunikation zu Forschungsdaten und deren Nachnutzung
Frage: In unserem Verbundprojekt arbeiten wir seit einer Weile an Kommunikationsstrategien und Formaten, um den Diskurs um und über Forschungsdaten in den Fächern zu etablieren. Da könnte man sicher Beispiele generieren, was geht und was nicht so gut geht.
Antwort: Das sind genau die Arten von Kooperationen und Kooperationspartnern, die wir für den Aufbau dieser TA brauchen und würden gern nach Möglichkeiten suchen, das Projekt und seine Erfahrungen in die Arbeit der TA 5 einzubauen.
Es gibt ja viele Möglichkeiten, das zu denken und umzusetzen. Wichtig ist unseres Erachtens, nicht nur die Forschungsdaten im engeren Sinne in den Blick zu nehmen, sondern darüber hinaus das ganze Fach. Erst wenn man einen gemeinsamen Begriff von Forschungsdaten hat und weiß, wozu diese gut sind, kann man auch einen Diskurs um den Umgang mit Forschungsdaten führen. Daher der breitere Ansatz. Es geht darum, möglichst viel an konkreten Beispielen zu kommunizieren. Dabei, und das ist wichtig, sollte man aber nicht nur die Daten in den einzelnen Projektkontexten beachten, sondern gerade auch die Potentiale deren konkreten Nachnutzung (und damit zugleich die Anforderungen, die damit einhergehen).
Frage: Es sollen in der Task Area "Anreize zur Datenpublikation und entsprechender Reputationssysteme" geschaffen werden. Wie wollen Sie aber auf diese Reputationssysteme einwirken? Wie können Sie sicherstellen, dass die Digitalen Geschichtswissenschaften nicht weiterhin nur von einem kleinen Kreis Überzeugter betrieben und anerkannt wird?
Externe Antwort 1: In unserem Projekt entwickeln wir beispielsweise eine Plattform, die es ermöglichen soll, die datenbezogenen Publikationen einzusehen und miteinander zu vernetzen. Die Beiträge werden mit zitierfähigen DOIs versehen, damit sie als Publikationen gelten. Aber als Verbundprojekt bringt unser Projekt eben schon eine kritische Masse mit und kommuniziert die neuen Formate direkt an die DFG. Ich hoffe, dass wir so mehr Reichweite erreichen, als mit Einzelprojekten (die natürlich genauso wichtig sind). Die Frage ist immens wichtig. Ich glaube wir erreichen Anerkennung über die kritische Masse. Je mehr Leute sinnvolle Datenpublikationen und Formate bedienen, desto unübersehbarer werden sie.
Externe Antwort 2: Ich glaube, es darf am Ende aber nicht in einer "unübersehbaren Masse" in etwas veränderter Interpretation enden. Sondern entscheidend ist bei der Entwicklung einer Data Culture, dass Datensammlungen von Anbeginn miteinander in Bezug gesetzt werden bzw. einmal entwickelte Datenbanken die Ergänzung zusätzlicher Daten erlauben. Da stellt sich dann aber wiederum das Reputationsproblem.
Externe Antwort 3: Aber das Gebot, die eigene Argumentation mit Quellen zu belegen, legt doch das Fundament für ein datengetriebenes Arbeiten, das im digitalen Zeitalter eben auf digitale Quellen referenzieren muss.
Antwort: Unseres Erachtens muss das sogar so sein. In den anderen Fächern wird da auch fleißig daran gearbeitet. Da werden z.B. auch Anwendungen containert, etc. Wichtig ist, hier gemeinsame Standards zu entwickeln, formal wie hinsichtlich der Bewertung und der Reputation. Wir finden, ohne dem geht es nur schwer.
Externe Antwort 1: Meiner Erfahrung nach ist das etwas, für das aber erst ein Bewusstsein geschaffen werden muss. In der Kommunikation kommt man dann schnell dahin, dass Quellenarbeit und Datenarbeit nicht immer unterschiedlich sein muss.
Externe Antwort 3: Kann ich mir gut vorstellen - vor allem mit Blick auf das relative Fehlen von Open Access-Publikationsorten, in deren Kontext die Zitation z.B. der eMGH verpflichtend wäre.
Antwort: In einem früheren Papier hatten wir dazu auch von Sensibilisieren, Ermächtigen und Ermöglichen gesprochen. Der erste Schritt muss also überhaupt erst einmal eine Sensibilisierung der großen Fachcommunity sein. Dann müssen wir die Kompetenzen vermitteln, damit auch nachvollzogen und mitgedacht werden kann. Und dann muss es eine zentrale Kommunikationsplattform geben, welche das gemeinsame digitale Arbeiten ermöglicht. So in der Art.
Datenschutz und NFDI-Querschnittsmaßnahmen
Frage: Nicht wenige (zeit-)historische Forschungseinrichtungen arbeiten mit personenbezogenen Forschungsdaten zu noch lebenden Personen. Sie fallen daher unter die Datenschutzgesetze. Deren Auswirkungen auf die Geisteswissenschaften, insbesondere die historischen, sind m.E. wenig beachtet - was natürlich auch am fehlenden Schulungsangebot liegt. Wäre das auch ein Betätigungsfeld für die Task Area 5 „Data culture“?
Antwort: Das ist eine sehr wichtige Frage, die nicht nur wir haben. Das ist eine Querschnittsaufgabe aller Konsortien. Die Frage der Rechte muss aber auch in 4Memory entsprechend eingebunden werden.
Wir müssen hier also zusammenarbeiten, aber die Infos und die Diskussion und v.a. die Kompetenzen auch in unser Konsortium hineintragen.
Frage: Mit solchen Fragen will sich z.B. das bereits beantragte KonsortSWD befassen. Besonders im Bereich der mit qualitativen Methoden erhobenen Daten gibt es eine ganze Reihe Überschneidungen. Könnte man spezifische Kontakte oder Gemeinschaftsangebote zwischen z.B. KonsortSWD (Bereich Öffnung von kritischen Datenbeständen) und 4Memory betreiben?
Antwort: Ja, solche Querschnittsaufgaben sind angedacht. NFDI4Culture hat das m. W. auch zentral mit dabei. Es geht ja auch darum, doppelte Arbeit zu vermeiden und gegenseitig zu lernen. Wir werden diese Fragen auf alle Fälle auch in 4Memory integrieren.
Reflektion der Veränderungen im Forschungsprozess
Frage: Ich habe mir ein paar Gedanken zum Thema Interviews als Forschungsdaten gemacht. In der Oral History wird darüber seit längerem diskutiert, allerdings (noch) nicht unter dem Begriff Forschungsdaten. Ich hänge meinen Text an, vielleicht inspiriert er zukünftige Diskussionen und gibt konstruktive Hinweise.
Externe Antwort: Hallo, Wir arbeiten auch genau dazu und hatten im Dezember einen Workshop zu diesem Thema organisiert. Vielen Dank für die Gedanken!
Antwort: Danke! Das schauen wir uns gern genauer an. Gerade ein neuer Blick auf historische Quellen und historisches Material unter der Perspektive der Forschungsdaten ist wichtig und muss gut reflektiert und begleitet werden. Das wollen wir gern gemeinsam machen. Das Nachdenken über einzelne Quellengattungen, aber genauso über bestimmte Forschungsprozesse, Methoden und ihre Implikationen, ist aus unserer Sicht extrem wichtig, um die Komplexität der (Weiter)Entwicklung einer "Data Culture" zu verdeutlichen.
Die notwendige Weiterentwicklung der Fachkommunikation
Frage: Die Beschreibung der TA klingt aus meiner Sicht sehr vielversprechend, ich möchte nur noch einmal explizit nachfragen, welchen Stellenwert darin Formate des digitalen Wissenstransfers (also z. B. Online-Publikationsformate) einnehmen. Steht im Vordergrund eher die Kommunikation fachlicher Inhalte in digitalen Medien im engeren Sinne (also Kommunikation der Ergebnisse) - oder aber gleichzeitig auch die Reflexion der Digitalität gegenüber dem / gemeinsam mit dem Zielpublikum (also Meta-Kommunikation über digitale Forschung und digitale Formate)? Soll hier ein Schwerpunkt gesetzt werden?
Antwort: Beides. Ziel ist es, den analogen und den digitalen Bereich zusammenzuführen. Das soll nicht auseinanderbrechen. Von daher sollten einerseits die gewohnten Formate im Digitalen fortgeführt werden. Zugleich aber sollten wir in einem gemeinsamen Prozess darüber nachdenken, wie sich unser Fach verändert, welche nicht nur medialen sondern auch methodischen Konsequenzen sich daraus ergeben und welche Rolle Daten in Zukunft für unsere Forschung und unser historisches Arbeiten spielen werden. Und letztlich produziert die Fachkommunikation selbst ja wiederum auch Forschungsdaten, die wir mit einbeziehen sollten.
H-Soz-Kult arbeitet bereits mit Rezensionen von Webangeboten, die die von ihnen erwähnte Verknüpfung versuchen: einerseits ein Nachdenken über die Eigenheiten digitaler Publikationsformate zu formulieren, andererseits ganz konkret an einer bestimmten Online-Publikation zu diskutieren, welche Konsequenzen die Digitalisierung hat / haben kann, und diese Diskussion somit in die Leserschaft hineinzutragen.
Externe Antwort: Ich glaube, dass es helfen könnte, digitale Publikationen, die häufig ja (noch) eine (multi-)mediale Adaption vorheriger analoger Veröffentlichungsformate darstellen, in einem zweiten Medium zu begleiten. Das geschieht ja zum Teil in Blogs, in denen über das eigene Vorgehen nachgedacht oder ein "Blick hinter die Kulissen" gewährt wird. Auch Video-Formate und/oder Podcast könnte ich mir hier gut vorstellen - als weitere, kommentierende und kommentierbare Ebenen von Wissenstransfer.
Antwort: Die Nutzung genuin digitaler Formate, wie von Ihnen angesprochen, wird ja angesichts der derzeitigen Situation zunehmen; insofern werden diese Formate in Zukunft noch eine deutlich größere Rolle in der Fachkommunikation (z.B. H-Soz-Kult) und in der TA5 zur Data Culture spielen.
Externe Antwort: In unserem Blog versuchen wir in einigen Beiträgen, genau einen solchen Blick hinter die Kulissen und in das konkrete Arbeiten an digitalen Datenbeständen oder mithilfe digitaler Auswertungstools bereitzustellen. Vielleicht kann man im Rahmen von NFDI gemeinsam diskutieren, wie man diese Einblicke, Selbstreflexion und Diskussion darüber noch stärker öffentlich führen kann.
Antwort: sehr gern! Wir werden das auf die Liste setzen und wir werden uns nochmal melden.
Gibt es überhaupt schon etablierte Datenstandards in den Geschichtswissenschaften?
Frage: Wo finde ich eine Übersicht über die in den historischen Wissenschaften etablierten (Daten-)Standards?
Einerseits, im Abstract der Task Area "Data Culture", heißt es öfters, etablierte Standards sollen übernommen bzw. ins Digitale überführt werden. Andererseits, in den Antworten zur Fragerunde von Freitag heißt es z.B. "Insgesamt wäre noch mal genau zu fixieren, um welche Standards, Metadaten oder Normdaten es gehen soll" und man wolle "Anforderungen an Metadaten und vor allem auch Normdaten innerhalb der historisch arbeitenden Disziplinen" überhaupt erst einmal "erfassen". Letzteres scheint mir eher zuzutreffen, d.h. die "etablierten (Daten-)Standards" gibt es de facto noch gar nicht.
Antwort: Tatsächlich stimmt die Einschätzung. Die Darstellung ist noch nicht sehr kohärent. Mit den analogen Standards sind vor allem die Grundlagen der historisch-kritischen Methode gemeint, die auch im digitalen Arbeiten eine entsprechende Rolle spielen sollen.
Was die Standards im digitalen Arbeiten angeht, sehen wir das ähnlich. Die Herausforderung ist, überhaupt erst einmal zu sammeln, zu ordnen und v.a. zu kommunizieren. Dafür braucht es eine zentralen Kommunikationsort, wo man erwartbar solche Informationen findet.
Gemeint sind hier aber sicherlich Standards wie Cidoc-CRM, FRBRoo, LIDO oder quasi-Standards wie die Richtlinien der TEI. Aber das sind eher Top-Level Standards. Andere wie EDTF werden bislang kaum genutzt. Von daher liegt noch ein weiter Weg vor uns. Auf Tagungen wie der Data for History 2020 sollen im internationalen Kontext beispielsweise genau solche Standards zusammengetragen und geprüft werden. Sicher können wir auch daran anknüpfen. Aber ganz sicher sollte eine solche Sammlung auch direkt im Rahmen des 4Memory-Konsortiums stattfinden.
Externe Antwort: Am besten schon als sichtbarer Teil eures Konsortiums, fortlaufende, moderierte Sammlung. Am besten einen gemeinsamen Überblick zumindest der Konsortien Text+, Objects, Culture und Memory.
Notwendigkeit eines zentralen Kommunikationsortes für das Konsortium
Frage: Ich würde gerne ein Detail aus der Diskussion eben aufgreifen: Welche Kommunikationsorte gibt es eigentlich, was ist als Angebot angedacht, um der breiteren Fachcommunity den Einstieg zu ermöglichen? Die Einrichtung eines funktionierenden Kommunikationsorts/Netzwerks wäre natürlich selbst eine erhebliche Leistung, aber vielleicht lohnte sich hier der Aufwand? Ist hier etwas angedacht?
Antwort: Am besten wäre, hier bereits auf bestehende und etablierte Plattformen aufzusetzen und diese auszubauen. In der Tat ist es hier Kernziel, mit bestehenden Plattformen zu arbeiten und diese zu erweitern. H-Soz-Kult und vor allem Clio-online sind ja bereit solche Orte mit einem sehr breiten Kooperations-/Partnernetzwerk, die ja bereits auch von der Community selbst betrieben werden.
Auch könnte man die digitalen Angebote so am Besten in der Community verankern. H-Soz-Kult z.B. hat über 30.000 Abonnenten, die oft noch vorrangig analog arbeiten. Die könnte man so gut erreichen und in die Entwicklung einbinden.
Ganz nebenbei: Spannend ist natürlich auch, was aktuell passiert. Auch solche Formate wie dieses hier (Slack als Messengerdienst) könnte man in diesem Zusammenhang weiterdenken. Fundamental wichtig ist aber sicherlich, dass es für diese Kommunikation des Konsortiums und seiner Angebote (Daten, Dienste, Kompetenzen) eine zentrale Plattform gibt und dass diese als Netzwerk funktioniert.
Externe Antwort: Und vielleicht braucht es zudem auch eine mit Reputation aufgeladene Open Access-Publikationsplattform als best practice für die digitale Geschichtswissenschaft.
Antwort: Ja, das sollten wir unbedingt mit aufnehmen!
Kooperation zwischen Forschung und Archiven
Frage: Gibt es bereits Ideen, wie die Zusammenarbeit mit Archiven aussehen soll? Rechtlich wird es da sicherlich einige offene Fragen geben (wem gehören die Rechte, wenn wir Archivquellen weiter aufbereiten, etc.), aber es gäbe umgekehrt ja auch einen Mehrwert, wenn Archive auf Forschungs-Datenproduktion/nutzung, die mit ihren Beständen verbunden ist, verweisen könnten und andere Forscher diese so leichter finden.
Antwort: Die Archive sind in der 4Memory als Teile der GLAM-Institutionen (Galleries, Libraries, Archives, Museums) mit vertreten. Wir denken, dass das eine ganz wichtige Besonderheit der 4Memory ist. Eine solche eindeutige Verlinkung und Referenzierbarkeit wäre sicherlich sehr wichtig.
Die Frage ist darüber hinaus, wie wir die Archive auch in den allgemeinen Diskurs zur Entwicklung des Faches mit einbinden können. Ein Austausch über die Art, wie Historiker mit Daten arbeiten und später arbeiten werden, wäre m.E. fundamental für das Verständnis, wie die Archive ihre Daten bereitstellen. Und andersherum, müssen wir besser verstehen, wie die Archive arbeiten und was sie in dem Bereich leisten können.
Die Frage der Kooperation mit den Archiven ist sehr wichtig wie auch die Klärung der rechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang, worum sich das Konsortium auch als Ganzes kümmern muss. In der Zusammenarbeit mit den Archiven ist es uns ein Anliegen, auch auf die vielen kleinen zuzugehen, die teilweise auch rückmelden, dass sie gar kein Personal für eine Auseinandersetzung mit Digitalisierungsprozessen haben. Da gibt es keinen Königsweg. Im Sinne der Vielfalt halten wir das aber für ein wichtiges Anliegen.
Externe Antwort: Vielleicht könnte man überlegen, in Veranstaltungen und Seminaren auf Uni- oder Doktorandenebene mit Teams von Archivaren und Historikern zu arbeiten.
Externe Antwort 2: Das ist eine gute Idee. Teil des Prozesses sollte m. E. idealerweise auch sein, (als Teil des Forschungsprozesses) auch zu reflektieren, was Archive online stellen und was nicht; wer darüber bestimmt, und wie sich die Zusammenarbeit zwischen Historikern und Archivaren dadurch verändert. Bei fast jedem längeren physischen Archivbesuch (zur Zeitgeschichte) kommt ja irgendwann der Punkt, an dem man an Dinge ran darf, bei denen am Anfang noch der Kopf geschüttelt wurde, so jedenfalls meine Erfahrung. Derartige vertrauensbasierte Prozesse lassen sich nicht so einfach ins Digitale transportieren. Da werden wir (auch) andere Wege der Kommunikation und Zusammenarbeit finden müssen... was meint Ihr?
Antwort: Eine der Ideen ist, ein Doktorandennetzwerk zu etablieren oder sogar ein Kolleg zu initiieren, das dabei auch die verschiedenen Gruppen und Anwendungsbereiche integriert. Für diesen Austausch zwischen Archiven oder insgesamt GLAM und den digitalen Nutzern müssten wir noch gute Formate finden.
Externe Antwort 3: Meines Wissens haben viele Archive schon eigens dafür Personal und Angebote aufgestellt. Beispiel Berliner Landesarchiv.
Externe Antwort 4: Die Memorial Archives z.B. stellen seit Ende 2019 rechtlich unbedenkliche Daten auch via Open Access zur Verfügung - mit großem Erfolg und auch via Schnittstelle auf anderen Plattformen, was z.B. ein enormes Interesse aus USA generiert.
Externe Antwort 2: Für meine Forschungen ist es ein enormer Gewinn, auf Archivalien in anderen Ländern (auf anderen Kontinenten) zugreifen zu können. Sie weisen da auf einen ganz interessanten Punkt hin: dass sich die Gruppe derjenigen, die ein bestimmtes Thema beforschen kann, durch Digitalisierung in den Archiven stark ändern kann. (Gerade auch für Forschende an weniger gut ausfinanzierten Universitäten in vielen Staaten ist das ein großer Gewinn, und das kann noch sehr interessante neue Perspektiven in die Geschichtswissenschaften einbringen.).
Frage: Ein wichtiges Feld der Datenkultur ist sicher die Dokumentation und die Verwendung von Datenmanagementplänen. Für die "Digital Humanities" bzw. datenorientierte Forschung ist das Vorgehen einigermaßen klar. Aber wie wird in den Fällen verfahren, wo sich traditionelle und digitale Arbeitsweisen mischen (was häufig der Fall sein dürfte). Wie sehen in Bezug auf digitale Daten künftig Standards der Dokumentation aus, wie wird das Quellen- und Literaturverzeichnis für Forschungsdaten erweitert? Gibt es hierzu Ansätze wie 4Memory in die Wissenschaftskultur hineinwirken will? Ich könnte mir vorstellen, dass 4Memory hierbei eine wichtige Rolle spielen kann, z.B. durch aktive Ausrichtung von Workshops am Rande von Fachveranstaltungen, Best-Practice-Reviews, Empfehlungspapieren…
Antwort: Das sind alles wichtige Punkte, die auf unserem Programm stehen. Dazu muss man zunächst in den historisch arbeitenden Fächern ein Bewusstsein dafür schaffen, was Forschungsdaten eigentlich sind und wo deren Mehrwert liegt. … Zudem müssen die Standards auch erst einmal noch entwickelt, definiert und kommuniziert werden.
Die größte Herausforderung ist aber, das Ganze zu kommunizieren und in der Community zu verankern. Dazu kann man Richtlinien aufstellen und anleiten. Ich denke aber, es ist noch viel wichtiger, das der Bedarf in der Community selbst geweckt und darauf aufbauend gemeinsame Lösungen entwickelt werden.
Wichtig ist, die Gemeinschaft der Forschenden und der mit historischen Daten arbeitenden selbst dazu zu befähigen, diese Fragen zu diskutieren und dann in das eigene Arbeiten zu integrieren.
Letztlich soll die 4Memory vor allem eine Ermöglichungsstruktur sein. Wir möchten also so viel es geht und soweit es möglich ist die Community mit integrieren!
Das Ganze betrifft neben der TA Data Culture auch zentral die TA Data Literacy, die TA Data Quality und weitere. Wir werden schauen, dass wir uns gut abstimmen.
Aktuelle Situation bei der Rezension digitaler Ressourcen
Frage: Auf H-Soz-Kult gibt es bereits Formate für die Rezension digitaler Angebote. Diese scheinen jedoch nur wenig bespielt zu werden. Woran liegt das? Unschuldige, ernst gemeinte Frage dazu: Fehlen derzeit 'nur' die Rezensenten oder auch die zu rezensierenden Angebote an "digitalen Ressourcen, Datensammlung, digitalen Edition etc." aus der "breiten historische Community"?
Antwort: Auf https://www.hsozkult.de/webreview/page z.B. erscheint normalerweise eine neue Rezension pro Monat. Das ist sehr wenig im Vergleich mit den Buchrezensionen. An rezensionswürdigen Angeboten mangelt es eigentlich nicht, da gibt es bereits eine längere Liste. Die bisherigen Erfahrungen aber zeigen, dass es deutlich mühsamer ist, Rezensenten für digitale Formate zu finden. Anders als für die Printpublikationen.
Es gibt wohl verschiedene Ursachen hierfür, angefangen von der weniger ausgeprägten Bereitschaft digitale Angebote zu rezensieren, über die Scheu, sich mit Technologien auseinanderzusetzen bis hin zu fehlendem "Belohnungssystem" und "Reputationssystem". Genau da soll die TA5 aber ansetzen und hier die Entwicklung forcieren.
Letztlich sollte es das Fernziel sein, das Rezensionswesen und damit den Diskurs über Daten und Forschung auch fest in einer datengetriebenen Forschung zu etablieren. Das man aus Interesse am Diskurs und am Austausch rezensiert. Oder braucht das auch eine Weiterentwicklung der Formate?
Frage: Weil es eben aufgegriffen wurde: Das Stichwort "Reputationssystem" ist doch ganz wichtig: Wie wird die NFDI auf das Reputationssystem einwirken können?
Antwort: Bezüglich der Reputationssysteme als kleiner beispielhafter Einwurf: Als H-Soz-Kult startete, galten digital veröffentlichte Rezensionen erstmal als verwunderlich, dann als irgendwie doch zweitrangig im Vergleich mit Buchbesprechungen in Printmedien. Das ist - so interpretieren wir es jedenfalls - Geschichte. Sprich: An diesem Punkt haben Reputationssysteme sich verändert. Nötig war dazu Zeit, und vor allem sehr viel redaktionelle Arbeit unserer Fachredakteure über viele Jahre hinweg. Das sind keine Selbstläufer, aber deshalb sprechen wir ja auch hier…
Externe Antwort 2: Würde ein mit hoher Reputation ausgestatteter Open Access-Publikationskontext mit Verpflichtung zur Offenlegung von Forschungsdaten helfen? In den Lebenswissenschaften hat es eLife vorgemacht - eine neu gegründete Zeitschrift mit rigorosem Qualitätsanspruch, für den die MPG mit ihrer Reputation bürgt.
Auch Forschungen zur Kulturgeschichte der Digitalisierung integrieren
Frage: Uns ist gerade aufgefallen: Eine spezifisch historische Perspektive auf die Entwicklung von Data Culture fehlt eigentlich noch in der Beschreibung - also so etwas wie eine Kulturgeschichte des Umgangs mit Digitalität, die ja in jedem Falle in das Kernprofil der historisch arbeitenden Geisteswissenschaften fallen würde - ist das im Rahmen von 4Memory auch geplant? Viele Impulse richten sich gerade auf die Praxis der Gegenwart und der Zukunft, was ich sehr richtig finde - aber eine historische Analyse des Vorgangs selbst wäre auch eine naheliegende Möglichkeit, in der sich das Konsortium gegenüber den anderen beteiligten Fächerkulturen profilieren könnte.
Antwort: Das ist ein sehr wichtiger Hinweis, den wir auch im Hinterkopf haben. Wir werden diesen Punkt auf jeden Fall mit aufnehmen und bei der weiteren Planung berücksichtigen. Ohne eine Wissens- und Kulturgeschichte der Digitalität wird es nicht gehen.
Frage: Ich möchte vielleicht noch einmal eine etwas naive Diskussion anstoßen, die mir aber für die Entwicklung von Data Culture wichtig erscheint. Forschungsdaten sind für HistorikerInnen bislang i.d.R. Archivmaterialien. Aus diesen destillieren wir unsere Erkenntnisse. Quelleneditionen versuchen vergleichsweise exakte die Ursprungs-"daten" abzubilden. Bei der Diskussion um Forschungsdaten scheint es mir aber häufig um die Aufbereitung von Archivmaterial etc. zu gehen. Damit sind weitergehende Selektions- und Interpretationsaspekte verbunden, die ich als Nachnutzer immer nur sehr begrenzt nachprüfen kann (anders als bei einer Quellenedition, wo ich immer an den Ursprungstext zurückgehen kann). Ich glaube, für die Vermittlung einer Data Culture ist zunächst einmal wichtig, dass man den Unterschied zwischen diesen zwei Datenformen ernst nimmt und genau überlegt, wo uns die unterschiedlichen Forschungsdatenvarianten langfristig hinführen.
Was mir im Rahmen meiner Forschungsprojekte vorschwebt, sind Nachlassinventare. Diese lassen sich natürlich als Scans digitalisieren und das tun wir auch. Gleichzeitig lassen sie sich in Datenbanken überführen, die dann für andere nutzbar sein können. Da muss man aber aufpassen, unterschiedlichen Strukturen der Datenaufbereitung gerecht zu werden und eine Datenbank so zu organisieren, dass sowohl die schnelle Auswertung, als auch die Wiederherstellung der Ursprungsstruktur möglich ist. Das wäre dann ein Hybrid zwischen klassischer Quellenedition und Datenbank.
Antwort: Damit sprechen Sie ein Thema an, das uns mittelbar vermutlich mehr beschäftigen wird, als wir es uns gegenwärtig eingestehen. Denn viele unserer Kollegen/innen assoziieren mit Forschungsdaten bis dato vor allen digital verfügbare Archiv- und Bibliotheksdokumente. Hier steht ein Kulturwandel in den Arbeitsweisen an, der eine lange Zeit erfordern wird. Aber gegenwärtig erleben wir ja angesichts der Corona-Pandemie wie sich eine beschleunigte digitale Selbstertüchtigung vielerorts vollzieht.
Insgesamt braucht es eine breite Diskussion darüber, was in unserem gesamten Feld zu den Forschungsdaten zu zählen ist. In meiner eigenen Arbeit sind das auch digitale Repräsentationen von Texten, Zeitschriften, Handschriften, Bildern, Museumsobjekten, Inschriften und deren Metadaten, aber auch schon erschlossene Datensammlungen in Datenbanken, Listen etc.
Externe Antwort: Quellenzentriert vs. personenzentriert. Original vs. Interpretation. Diese Diskussion begleitet uns seit über 20 Jahren, und ebenso lange ist sie schon gelöst: Es ist durchaus beides vereinbar: Ein schönes Beispiel - schon 10 Jahre alt - die "Digitalisierung der Häftlingskartei des SS-Wirtschaftsverwaltungs-Hauptamtes", seit 2013 integraler Bestandteil der Memorial Archives.
Externe Antwort2: Ja, es mag sein, dass in Fachzirkeln Probleme schon lange gelöst sind. Aber es geht ja darum, im gesamten Fach eine Datenkultur zu etablieren.
Antwort: Ohne die Diskussion schon hier beginnen zu wollen, aber Original gibt es als digitale Repräsentation nicht. Digitale Repräsentation ist ja immer schon Modellierungen, und Modellierung ist immer Selektion und Interpretation. Aber genau diese Fragen würden und müssen wir gemeinsam diskutieren.
Externe Antwort2: Für mich ist es auch eine wichtige Frage, wie das unsere Forschungsprozesse und ihre Kommunikation verändert. Damit meine ich beispielsweise Punkte, die vorhin zur Oral History angesprochen wurden. Welche Aspekte unserer Forschungsprozesse machen wir transparent und öffentlich (auch Blogs wurden ja schon angesprochen), mit welchen Konsequenzen für die Fachkultur?
Entwicklung dynamischer Hilfsmittel und konkrete Projektbegleitung
Frage: Ich finde zu Data Culture formulierten Vorschlag sehr sinnvoll, die bestehenden Plattformen und Foren der fachlichen Kommunikation und Kritik auf das Feld der Forschungsdaten auszudehnen. Dabei ist sicher davon auszugehen, auch das wurde schon gesagt, dass es einen längere Phase geben wird, in der experimentiert, erprobt und getestet wird. Bis bei H-Soz-Kult in Größenordnungen fachlich und methodisch valide Forschungsdateneditionen rezensiert werden können, wird es also noch eine Weile dauern. In der Zwischenzeit sollten aber die in Data Culture angedachten Formate der "kulturellen Bildung" sehr stark auf den Erfahrungsaustausch und die Vermittlung von Basics ausgerichtet sein. Wir werden in unserer Institution immer häufiger mit ganz praktischen Fragen der forschenden Kolleginnen und Kollegen konfrontiert, wenn es um ihre Daten geht. Insofern fände ich es sinnvoll, solche Formate wie die Clio-Guides, die ja gerade dynamisiert werden, für das Feld der Forschungsdaten weiterzuentwickeln, auch im Sinne von Tutorials, Musterlösungen etc. Dabei könne man auch audiovisuelle Formate nutzen. Wir entwickeln ja alle gerade eine neue digitale Virtuosität.
Antwort: Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Wir sehen es genauso, dass wir die Erfahrungen, die wir gerade in der jetzigen Zeit sammeln, direkt aufnehmen und umsetzen müssen. Und eine notwendige "Dynamisierung" muss vielleicht auch andere der etablierten Formate umfassen.
Zugleich würden wir gern, so zumindest die Idee, digitale Projekte wie die genannten direkt mit begleiten, um so mehr über den Prozess und den Wandel zu lernen und diese Erkenntnisse dann in die größere Diskussion zurückspielen zu können. Wir gehen davon aus, dass man das meiste erst in der konkreten Praxis sieht und lernt und dass sich auch nur durch konkrete Beispiele aus der Praxis sinnvoll und effektiv kommunizieren lässt. Durch eine solche Projektbegleitung könnte man als über die konkreten Prozesse lernen und hätte zugleich gute Beispiele, an denen man die Frage der Forschungsdaten, der digitalen Forschung wie überhaupt der über 4Memory bereitgestellten Daten, Dienste und Kompetenzen kommunizieren kann.
Tutorials, Musterlösungen, kurze Einführungen auch in spezifische Methoden wären in diesem Zusammenhang für die Kommunikation aber natürlich ebenfalls sehr wichtig.
Bedeutung des neuen Konzepts der Datenkultur für Archive und Notwendigkeit Forum für Austausch
Frage: Ich möchte mich ebenfalls den Diskussionen anschließen, die in folgende Richtungen gehen: Was bedeutet ein neues Konzept der "Data Culture"? Was verändert sich an unserem Umgang mit Archivmaterialien? Wie finden Entscheidungen statt, die eine Selektion der Wissensbestände, die zu bewahren sind, und solchen, für die sich der Aufbau einer digitalen Infrastruktur "nicht lohnt" bewirken? Wer wählt aus? Nach welchen Kriterien? Hierfür sollte ein Forum eingerichtet werden!
Frage: Daran schließt auch die Frage der Priorisierung in der Digitalisierung von Archivquellen an. Ich lasse im Moment Bestände in Kooperation mit einem der Landesarchive durch meine Hiwis digitalisieren, die ich für meine eigene Forschung brauche. Anschließend gehen die Digitalisate online und sind für alle nutzbar. Auch das könnte ein Kriterium für Data Culture sein.
Antwort: Genau das wollen wir in TA Data Culture leisten. Community und Infrastrukturen in Austausch bringen, so dass zielgerichtet und bedarfsorientiert entwickelt werden kann. Aber auch, genauso wichtig, dass die Forschenden besser verstehen, wie überhaupt die Möglichkeiten sind.
Externe Antwort: Als Archivvertreter erhoffe ich mir von 4Memory zu den zwei letztgenannten Punkten auch, dass wir kontinuierliche Formate des Dialogs zwischen Forschung und Infrastrukturen etablieren. Bisher fand dieser Austausch eher punktuell statt.
Was sind Forschungsdaten – Diskussion am konkreten Fall
Frage: Diese "naive" Diskussion würde ich gerne vertiefen: wenn ich mit Archivalien aus unterschiedlichen Archiven, Quellensammlungen, Datenbanken (z.B. Zeitungen) etc. arbeite: wie kann ich sie dann in einer zu meinem Projekt gehörigen Form sammeln und für die Nachnutzung in einem übersichtlichen Paket zur Verfügung stellen? Wie gehen wir mit den Rechten um, die ja bei den Archiven o.ä. liegen? Oder kann ich in der Tat nur die aus den Archivmaterialien gewonnen Forschungsdaten (was ganz genau habe ich mir darunter vorzustellen?) zur Verfügung stellen. Also ganz konkret: ich werte z.B. den Spiegel von 1947 bis 1990 aus hinsichtlich der Frage, wie über Seuchen berichtet wurde. Was könnten meine "Forschungsdaten" sein und wie könnte ich mit ihnen umgehen?
Antwort: Genau das sind die Fragen, die wir brauchen. Forschungsdaten wären die Texte, die Sie auswerten, aber auch die Annotationen, die Sie ggf. durchführen bzw. die Ergebnisse ihre Auswertung in Datenform.
Neben den Ausgangsdaten sollten im Idealfall aber auch die Methoden der Auswertung (Projektrichtlinien, Dokumentationen, Algorithmen) und die sich daraus ergebenden Daten veröffentlicht werden. Damit würde das Verfahren transparent, wiederholbar, und man könnte ebenso auf der methodischen wie auf der inhaltlichen Ebene anschließen.
Externe Antwort: Hierzu bräuchte es vielleicht auch ein gezieltes Förderinstrument der Drittmittelgeber. Beispielsweise eine beantragbare Pauschale zu Digitalisierung von Archivbeständen im Rahmen eines Drittmittelprojektes mit der erforderlichen Qualität nach DFG-Standards, verknüpft mit der Verpflichtung des Archivs, die Digitalisate anschließend auch zugänglich zu machen inkl. der „angereicherten“ Forschungsdaten der Bearbeiter/innen bzw. Antragsteller/innen. Gleichzeitig ist darüber nachzudenken, wie mit anderen Qualitätsstufen von Quellendigitalisaten umzugehen ist.
Frage: Ist denn der Spiegel von 1947 bis 1990 so frei verfügbar, dass man die Daten veröffentlichen dürfte?
Antwort: Das ist nicht nur eine Frage zum Spiegel, sondern insgesamt. Hier hätte man als Konsortium mehr Schlagkraft, um die Interessen der Forschung sichtbarer zu machen.
Externe Antwort 2: Absolut, wenn SPIEGEL (o.a., hier nur als Beispiel!) z.B. via DWDS als Volltext verfügbar ist, kann der Forscher bzw. die Forscherin diese XML-Daten annotieren und als Derivat archivieren, ggf. hinter einer AAI-Schranke oder ähnlichem.
Externe Antwort 3: Anregung: Vielleicht könnte man an einem solchen Beispielprojekt und dem damit verbundenen digitalen Workflow veranschaulichen, an welcher Stelle eigentlich welche Task Areas des Konsortiums betroffen sind und welche Fragen das aufwirft?
Antwort: Genau das ist unsere Idee.
Externe Antwort 2: Man wird aber nicht darum herum kommen, mit rechtebehafteten Quellen zu arbeiten, worunter letztlich v.a. die Nachprüf- und Nachnutzbarkeit der Ergebnisse leidet, wenn nicht Authentifizierungssysteme existieren, die dies erlauben.
Externe Antwort 4: Der Bedarf an einem geschützten digitalen Lesesaal für die Nutzung von zugangsbeschränktem Archivgut ist uns bewusst. Ich finde es aber gut, wenn das aus 4Memory auch noch einmal als dezidierte Anforderung kommt.