Oral History

81 Nachnutzung von zeitgeschichtlichen Interviews

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Zu einem zeitgeschichtlichen Thema wurden in den letzten Jahrzehnten viele Interviews im Rahmen von wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema geführt. Ich würde gerne diese Interviews mit dem heutigen zeitlichen Abstand darauf untersuchen, welchen Einfluss sie auf die allgemeine Wahrnehmung des Gegenstands ausgeübt haben und wie der jeweilige zeitgeschichtliche Kontext der Interviewsituation sich in dieser und den (nicht) gestellten Fragen niedergeschlagen hat. Leider gibt es keine zentrale Stelle, an der solche Interviews verzeichnet sind, geschweige denn ein zentrales oder auch virtuelles Archiv. Viele Interviews sind in privaten Regalen der Forschenden oder kaum erschlossen an den beteiligten Institutionen gelagert, andere finden sich verteilt über verschiedene Archive. Manche Originalaufnahmen sind nicht mehr existent. In den seltensten Fällen ist die Frage der Nachnutzung rechtlich eindeutig geklärt. Oft hängt die Möglichkeit der Nachnutzung an persönlichen oder institutionellen Beziehungen und dem Vertrauen der Urheber*innen in die Nachnutzenden. Um die Ausgangssituation für solche Fragestellungen zu verbessern, sehe ich verschiedene Ansatzpunkte: 1. Ein Archivübergreifendes digitales Verzeichnis von Interviews, das die Auffindbarkeit verbessert. Vorhaben wie das DFG Projekt „Oral History digital“ mit dem das ZZF kooperiert sollten deshalb unbedingt in den NFDI-Prozess einbezogen werden. 2. Ein vereinheitlichtes Set von Metadaten, um die Recherche über Archivgrenzen hinweg zu vereinfachen. 3. Archivierungsangebote für einzelne Forschende und kleinere Institutionen, die eine angemessene Archivierung inkl. Aufbereitung des Materials für die Archivierung nicht selber leisten können. 4. Vorlagen für rechtliche Erklärungen (Einverständniserklärung,…), die auch die Möglichkeit der Nachnutzung einbeziehen und für alle Seiten transparent und praktikabel regeln. 5. Eine Debatte um den Wert von Interviews über den eigenen Forschungskontext hinaus als originäre Forschungsdaten. 6. Die Entwicklung einer Wissenschaftskultur der verantwortlichen Nachnutzung, die berücksichtigt, dass a) ein Interview nur auf Grundlage einer Vertrauensbeziehung zwischen Interviewenden und Interviewten entstanden ist und dieses Vertrauen nicht einfach übertragbar ist. b) ein Interview auch viel über den/die Forschende verrät und damit verletzbar/angreifbar macht.

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35 Bildungs- und Armutsgeschichte im außereuropaeischen Raum

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Die Erforschung der Geschichte des betreffenden Landes steht vor grundsätzlichen Problemen hinsichtlich der Quellenlage. Zu nennen ist hier eine langjährige Vernachlässigung der einschlägigen Archivbestände, dann eine unzureichende Finanzierunggrundlage für die Sammlung, sachgerechte Unterbringung und vor allem systematische Katalogisierung und archivarische Erschließung von Quellen. Diese Probleme haben der Geschichtsforschung zu diesem Land nicht nur in Deutschland, sondern weltweit erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Um diesem unhaltbaren Zustand in ersten Schritten abzuhelfen, hat ein Pilotprojekt verschiedenes Material gesammelt und dabei einen thematischen Schwerpunkt auf die Bildungsgeschichte gelegt. Dieses Quellenmaterial wurde in einer Zotero basierten Datenbank erschlossen. Des Weiteren ist ein Korpus von Audiomaterial entstanden, das Oral History Interviews zusammenführt. Zu den Tonaufnahmen gibt es auch entsprechende Transkriptionen. Diese Bestände sind in einem Forschungsinstitut aufbewahrt, können dort auf Anfrage kostenlos benutzt werden, was auch regelmäßig und intensiv geschieht. Der Erfolg des Pilotprojekts, in dem wertvolle Datenbestände erschlossen wurden, zeigt sich nicht zuletzt in der intensiven Nachnutzung der erschlossenen Materialien. Daraus leiten sich allerdings weitere Fragen für die fortdauernde Verfügbarkeit der Daten für die Wissenschaft ab: • Wie können die Datenbestände angesichts der intensiven Nutzung besser aufbereitet werden? Und welche Vorkehrungen muss man treffen, um einen erweiterten Nutzerkreis sowohl in Deutschland als auch international zu erreichen? • Welche Maßnahmen sind für eine langfristige Verfügbarkeit und dauerhafte Bereitstellung der Bestände zu ergreifen? • Welche Datenformate kommen hierfür infrage? Müssen also die derzeit vorhandenen Daten nochmals bearbeitet, transformiert und migriert werden? Gibt es für ein solches Szenario musterhafte Workflows? Dies auch, da das Projekt abgeschlossen ist und keine weitere Finanzierung dafür in Aussicht steht?

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